Götz Werner. Statt eines Nachrufs

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Götz Werner bei einem Vortrag über das Grundeinkommen

Besuch in der Provinz

von Michael Mentzel

Diese kleine Geschichte wurde Ende Juni 2009 nach einem Vortrag von Götz Werner mit dem Titel "Einkommen für alle" geschrieben.

"Das merkt man aber schon, dass wir hier in der Provinz sind", sagt Götz Werner, als er vor dem Paderborner Bahnhof in mein Auto steigt. Aber er sagt es nicht herablassend, gar wertend, da steckt kein 'Ach du lieber Himmel …' darinnen, eher klingt etwas durch wie beim Paderborner Kabarett-Urgestein Erwin Grosche. Und dann liegt ja auch ganz in der Nähe eine der Filialen der von ihm gegründeten Drogeriemarkt-Kette dm. Dort möchte Götz Werner noch schnell etwas einkaufen. Dieser Einkauf geht völlig unspektakulär vonstatten, kaum jemand bemerkt den Gründer des Unternehmens. Eine kleine Unterhaltung mit einer Mitarbeiterin, ein kurzes Anstehen an der Kasse, bezahlen und schon sitzen wir wieder im Auto. Unser Ziel: Die Festhalle in Schloss Hamborn, wo Götz Werner am Abend einen Vortrag über das Grundeinkommen halten wird. 

Das Lebenswerk des 65-Jährigen ist beeindruckend. Seine Drogeriemarktkette hat mittlerweile über 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Filialnetz spannt sich über ganz Europa. Dabei ist dieser Mann alles andere als ein Tycoon. Eher wie der freundliche Nachbar von nebenan, mit dem man sich über die letzten Bundesliga-Ergebnisse austauscht oder die neuesten Nachrichten aus Politik und Gesellschaft. Dabei wäre es nicht ganz richtig, ihn als einen "wieduundich" zu bezeichnen. Was Götz Werner erreicht, wenn er mit seiner Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens vor sein Publikum tritt, ist in erster Linie aufmerksames Interesse. Da redet einer nicht wie ein Politiker, der dem staunenden Wahlvolk die Vorzüge seiner politischen Richtung in mehr oder weniger abgelesenen Worthülsen verpackt, präsentiert. Da redet einer von "Lebensunternehmerschaft" in einer Weise, die den Zuhörer auf eine Reise zu neuen Ufern mitnimmt.

Suchte man eine Bezeichnung für dieses Talent, Menschen zu begeistern wäre wohl am ehesten von einem mit beiden Beinen im Leben stehenden Träumer zu sprechen. Er weiß um die Widerstände, die neuen Ideen entgegentreten, er weiß aber auch um die befeuernden Impulse, die von diesen ausgehen können. Die Idee eines Grundeinkommens ist nicht neu. Götz Werner aber stellt Gedankenexperimente vor, deren Ergebnisse immer wieder verblüffen. Was für ein Unterschied zu jenen sauertöpfischen Hardcore-Vertretern einer neuen Gesellschaftsordnung, die mit Leichenbittermiene konstatieren, dass es "so" auf keinen Fall funktionieren könne.

Na sowas, das war ja ein Hellseher …

Natürlich bleiben Fragen offen. Götz Werner: "Ich möchte, dass sie mit mehr Fragen hinausgehen, als sie hereingekommen sind." Und in der Tat, an praktischen Beispielen und Bildern fehlt es Götz Werner nicht und es gelingt ihm, auf humorvolle Weise darzustellen, wo die Probleme der heutigen Gesellschaft liegen und was ein entspannter Umgang mit diesen Problemen bedeutet. Etwa, wenn er den Witz von den beiden Pfälzern erzählt, die auf einem Baum sitzend, gerade den Ast absägen, auf dem sie sitzen. "Vorsicht ihr fallt gleich runter", ruft einer von unten. Und als es passiert ist und die beiden unsanft auf dem Boden landen, sagt der eine ganz verdutzt zum anderen. "Na sowas, das war ja ein Hellseher."

Götz Werner ist aber nicht nur witzig und heiter, er ist ein wacher Beobachter seiner Zeit und beweist durch die Art seiner Unternehmensführung, dass es sich lohnt, etwas Neues zu schaffen. Ein Blick auf seinen Lebensweg, auf seinen unternehmerischen Mut und auf seine Beharrlichkeit, das Ziel seiner Bemühungen nicht aus den Augen zu verlieren, genügt, um zu erkennen, dass hier ein Mensch am Werk ist, dessen Intention erkennbar auf eine Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen in Deutschland ausgerichtet ist.

Hier endet die kleine Geschichte, die ich über einen der – meiner Ansicht nach – interessantesten Unternehmer Deutschlands zu erzählen hatte. Dieser Text blieb unveröffentlicht bis heute. 

Am 8. Februar 2022 ist Götz Werner gestorben. 

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PRESSEMITTEILUNG – Im Newsroom von dm-drogeriemarkt https://bit.ly/3gAvjiz

foto: daruf. 2009

1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort

  • wolfgang Püschel
    3. März 2022 13:34

    Eine BIO-Gurke kostet im BIO-Markt (Schieder/Schwalenberg) aktuell Euro 2,99
    Wenn wir jetzt 100 Milliarden Euro für weitere Rüstungsobjekte
    (Scholz SPD-DIE GRÜNEN-FDP) vielleicht ausgeben werden, stellt sich die Frage
    wann die BIO-GURKE 5.98 EURO kostet.
    Angst vor dem Osten hat seinen Preis.
    Stellt sich die Frage, wer ist für die Preis-Lebensmittel-Spirale verantwortlich?
    Vielleicht die "Rüstungsspirale"? Der Geldbegriff? Was würde wohl Hermann der Cherusker, Octavio Paz und/oder Karl Valentin dazu sagen?
    DIE WARHEIT ALS WUNDERKERZE. Joseph Beuys / Schultafel, London 1975
    Aktion: RICHTKRÄFTE / Das Kapital Raum 1970-1977

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