Friedens- statt Kriegstüchtigkeit! 

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Ein Gastbeitrag von Wolfgang Herzberg
Es macht wohl viele Menschen mit Herz und Verstand fassungslos und erzeugt Übelkeit erregende Angst- und Abwehrgefühle, wenn der deutsche sozialdemokratische Verteidigungsminister Pistorius, oder sollten wir ihn lieber gleich "Kriegsminister" nennen, mit dem Gesichtsausdruck wie ein Leopard-Panzer, von der Notwendigkeit einer neuen "Kriegstüchtigkeit" faselt. Hauptkriegsgegner ist natürlich, wie 1914 und 1939, das dämonisierte Russland, obwohl es offenbar bisher nicht die Kraft hat, den schon anderthalb Jahre dauernden Krieg gegen die Ukraine siegreich zu beenden und ökonomisch inzwischen nicht stärker als Italien sein soll.

Pistorius aber fordert in seiner neuen Rolle als gerade ernannter 1. Soldat des Staates vollmundig von allen Deutschen einen notwendigen Mentalitätswandel zur "Kriegstüchtigkeit". Als zackiger und untertäniger Gefolgsmann seines SPD-Kanzlers Scholz, der von einer "Zeitenwende" seit dem heißen Krieg zwischen der russischen und ukrainischen Führung spricht. Unter dem jubelnden Beifall der Bundestagsmehrheit hatte Scholz bekanntlich sogleich einmal 100 Milliarden mehr Steuerschulden für die Aufrüstung der Bundeswehr in Aussicht gestellt und euphemistisch als "Sondervermögen" bezeichnet, was natürlich längst nicht reichen wird… 

Abgesehen von den zig Milliarden für die Aufrüstung und finanzielle Hilfe zugunsten der ukrainische Kriegsführung und die Milliarden für die Aufnahme der auch dadurch nach Deutschland kommenden über eine Millionen ukrainischer Flüchtlinge in die deutschen Kommunen, die weder finanziell noch personell damit fertig werden. Alles ist zusätzlich Wasser auf die Mühlen der AfD, die sich anschickt, hinter der CDU/CSU stärkste politische Kraft zu werden, während die Linkspartei gerade kollabiert. Nationalistische Parteien haben bekanntlich weltweit Auftrieb.

Gleichzeitig ist nun vollends unklar, wie der ohnehin fragile Beitrag zur Erreichung des 1,5 Grad Ziels gegen die Erderwärmung von der Ampel finanziert werden soll. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Umwidmung der übriggebliebenen 60 Milliarden Schulden zur Bekämpfung der Corona – Epidemie für den Umweltschutz, entsprechend der Klage von CDU/CSU, für "nichtig" erklärt, aber nicht die Steuerschulden für die Bundeswehr und den Ukrainekrieg. Dazu kommt, dass der Schutz der israelischen Regierungspolitik "Staatsräson" aller Bundesregierungen sein soll, was im Ernstfall auch noch den Einsatz der Bundeswehr im Nahostkrieg nach sich ziehen könnte, auf alle Fälle aber weitere, unkalkulierbare Steuermilliarden verschlingen dürfte. 

Verantwortlich dafür ist u.a. ein Kanzler, der blauäugig geschworen hat: "Schaden vom deutschen Volk abzuwenden".

Was aber wäre die Alternative, um wirklich Schaden vom deutschen Volk abzuwenden? Statt einer neuen Kriegstüchtigkeit brauchen wir in Deutschland, Europa und der Welt dringend eine neue Friedensfähigkeit. Für die „Kriegstüchtigkeit“ wird heute weltweit bereits ca. eine Billion Dollar jährlich(!) ausgegeben. Für eine Zeitenwende zum Weltfrieden, die diesen Namen wirklich verdient, müssten aber folgende Haupterkenntnisse in die Herzen und Köpfe der Mehrheit der Menschen und dann auch in die politisch herrschenden Betonköpfe vordringen:  

Die politische DNA der westlichen Führungsmacht USA, die bisher auch die NATO-Politik und damit die deutsche Politik dominiert, beruht ursprünglich und immer noch, auf der gewaltsamen Eroberung und Kolonialisierung des amerikanischen Kontinents, mit Waffengewalt, durch weiße, christliche Europäer, insbesondere der englischen, deutschen und französischen Usurpatoren. In diesen Kriegen sind fast alle Menschen der dort lebenden indigenen Völker ausgerottet und, wer übrigblieb, rassistisch gettoisiert worden. Zugleich basiert die Stärke der Herrschenden in den USA auf der Verschleppung, Diskriminierung und Ausbeutung von Millionen afrikanischer Sklaven und schließlich bis heute auf den Zuwanderern der von den Spaniern und Portugiesen gleichfalls gewaltsam eroberten indigenen Völker Süd- und Mittelamerikas, sowie anderer Länder der sogenannten 3. Welt. 

Die Einverleibung dieser Territorien, die Vernichtung, Versklavung und Ausbeutung der einst überall lebenden, einheimischen Völker ist bis heute die bestimmende Gesellschaftsphilosophie  und –Praxis der in den USA herrschenden weißen Oberschichten, die mit billigen Arbeitskräften ihre kapitalistische  Profitmaximierung zum Dreh- und Angelpunkt ihres Bestrebens machen. Der imperiale Anspruch dieser angeblich "Werte basierten Ordnung" der "freien Welt" wird bis heute, notfalls, mit Waffengewalt durchgesetzt. Bis auf einige Bücher, Filme und wissenschaftliche Darstellungen, sind diese Zusammenhänge der Macht der westlichen Welt, nie "aufgearbeitet" oder gar politisch verinnerlicht worden. Hinzu kommt, dass der Kampf gegen den Kommunismus oder was davon noch übriggeblieben ist, immer noch eine übergeordnete Motivation dieser Gesellschaftsideologie darstellt.

Neben der ökonomischen Macht ist die Waffenindustrie und Waffenlobby – der industriell-militärische Komplex – das Zentrum dieser Macht und der "Kriegstüchtigkeit" der USA und ihrer Verbündeten. Deshalb bestehen insbesondere die Republikaner auch auf dem alten Verfassungsrecht eines jeden US-Amerikaners, das zum Besitz von Handfeuerwaffen berechtigt. Denn das ist das Geschäft und Symbol der ihrer Meinung nach "freien Welt", um das Recht des Stärkeren zu sichern, dessen Leben und Besitz bedroht werden könnte, auch wenn dadurch ununterbrochen viele Unschuldige auch in den USA ums Leben kommen. Das Militär, die Medien, die Filmindustrie, Justiz und die Gefängnisaufseher werden durch diese martialische Ideologie nie arbeitslos,  sondern florieren munter weiter, auch wenn dabei inzwischen Billionen Dollar an Steuerschulden angehäuft wurden.
Diese mit Waffengewalt durchgesetzte "Kriegstüchtigkeit" bestimmt zugleich die ökonomische Wachstumsphilosophie der USA und des damit verbundenen westlichen Gesellschaftssystems. Es beruht auf weltweiter menschlicher und ökologischer Ausbeutung und kolonialen Eroberungen. Damit soll angeblich Wohlstand für alle Menschen auf unserer Erde gesichert werden. In Wirklichkeit aber werden Milliarden von Menschen dadurch in prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen gefangen gehalten. Es sichert die billige Ausbeutung von Menschen und Rohstoffen. Das ist ein anachronistisches Wirtschaftssystem, das zugleich zu einer immer größeren Umweltkrise und Erderwärmung führt. 

In Wahrheit sorgt diese soziale und ökologische Ausbeutung dafür, dass inzwischen alles menschliche und natürliche Leben auf der Erde noch in diesem Jahrhundert auf dem Spiel steht, wenn nicht endlich eine neue Philosophie und Praxis der Friedensfähigkeit, mit Hilfe der Mehrheit der Menschen und ihrer Zivilgesellschaft erzwungen wird. Ansonsten ist das Leben auf der Erde und damit auch das Leben der Herrschenden einem apokalyptischen Untergang geweiht. Dieser fundamentale Irrweg wird jedoch mit allen Mitteln bisher verdrängt und unterdrückt, teils aus interessenbedingter Selbsttäuschung, teils um diese bestehenden Besitzverhältnisse ökonomisch und militärisch abzusichern.

Es wird bisher nicht begriffen und soll wohl auch nicht begriffen werden, dass massenhafte Menschenrechtsverletzungen durch das imperiale, westliche Gesellschaftssystem auch Menschenrechtsverletzungen der unterdrückten Völker auslösen! Auch Indianer in Amerika massakrierten bei ihren Kämpfen gegen die "Weißen" bekanntlich ihre Gegner, zogen ihnen ihre Kopfhäute ab und triumphierten mit ihren Skalps…. Anderseits beweisen gerade die Emanzipationsbewegungen der Arbeiterschaft, der Indigenen, der Schwarzen und der Frauen, dass dieser Gesellschaftswandel einer sozialen Befriedung der Gesellschaften und ihrer kulturellen Bereicherung zugute kommt.  
Wer diese fundamentalen Zusammenhänge endlich begreift, kann u. U. mithelfen, eine Umkehr zu internationalen Friedenslösungen durch "Unten" und schließlich auch durch "Oben" zu erreichen. Es könnte vielleicht gelingen, durch den weltweiten Druck eine demokratische politische Kultur zu befördern, damit die Menschheit und ihre einzigartige Erde nicht in kriegerischen und ökologischen Flächenbränden, Hochwasserkatastrophen, sowie blutigen Verteilungskonflikten in wenigen Jahrzehnten, schlimmstenfalls, in einem 3. Weltkrieg untergeht!  

Zugleich wird sich erweisen, dass diese solidarische Friedensfähigkeit unendlich viel humaner, ökologischer und weit weniger kostspielig ist, als die bisherige Kriegstüchtigkeit, die sich längst selbst als irrationaler, kontraproduktiver Kriegskurs, etwa in Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen, der Ukraine und in Israel, ad absurdum geführt hat. 

Es gilt dafür endlich und zwar weltweit, Aufrüstung und Kriegsgerät in eine permanente, sozial- ökologische Konversion zu transformieren und eine progressive nationale und internationale Umverteilung von Oben nach Unten mit allen zur Verfügung stehenden politischen Mitteln durchzusetzen, um die Gewalt auslösenden Klassenschranken zwischen Arm und Reich zu überwinden. Das wäre eine alternativlose Freiheitspolitik aus Einsicht und Kompetenz, um die universelle Not der Menschheit auf diese friedliche Weise und nicht durch permanente Kriege lösen zu wollen. Möglich wäre dies aber nur durch ein robustes, demokratisches Primat der Politik, durch eine staatliche Regulierung von "Oben", etwa auch durch progressive Einnahmen der Haushalte und einer dadurch ermöglichten sozial-ökologischen Transformation, sowie dem Druck der Zivilgesellschaft von "Unten".
Nur dadurch lassen sich, mit Herz und Vernunft, universelle Menschenrechte und Menschenwürde auf Dauer weltweit durchsetzen, wie sie in der UN-Charta schon vor über 85 Jahren, nach dem bisher furchtbarsten alle Weltkriege, zu Recht formuliert und schließlich von allen Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen feierlich unterzeichnet wurden.

Darauf kommt es jetzt an: Fangen wir durch einen politischen Kurswechel der Friedensfähigkeit im Ukraine – und Israel-Krieg damit an! Frieden schaffen – mit immer weniger Waffen, um die frei werdenden Mittel für eine sozial-ökologischer Gesellschaftstransformation einzusetzen,  eher es für immer zu spät ist!

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