Das Schachbrett des Teufels

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Lesenswert. Ein Buch von David Talbot. Einblicke in die Welt der CIA, Alan Dulles und seinen sowie seines Bruders John Fosters Einfluss auf die amerikanische Politik. 

mm/tdz. – Seit einigen Wochen liegt das im Westend-Verlag erschienene Buch des amerikanischen Autors und Journalisten David Talbot in deutscher Übersetzung vor und nach der Lektüre des faktenreichen Werks zeigt sich, dass der Titel: "Schachbrett des Teufels" in Anbetracht der Enthüllungen der verschiedensten Machenschaften des amerikanischen Geheimdienstes CIA seit dem Ende des 1. Weltkriegs bis zur Ermordung John F. Kennedys im Jahre 1963 mehr als berechtigt ist. Die Verwunderung, ja Erschütterung, die den Leser möglicherweise angesichts der Auflistung von – weitgehend unter den Teppich der Geschichte gekehrten – Verfehlungen einer Clique von Mächtigen ergreift, kann sich im weiteren Verlauf zu einem genaueren Verständnis einstmals vielleicht unverstandener Begebenheiten und der Erkenntnis wandeln, dass sich die Welt seither zwar verändert hat, die Motive, die die Mächtigen dieser Welt umtreiben, aber offensichtlich die gleichen geblieben sind. Es geht dabei im wesentlichen um die Hoheit der Weltdeutung und -bedeutung, den unbeschränkten Zugriff auf die Rohstoffe dieser Welt und darum, diesen Zugriff so abzusichern, dass möglichst kein Schatten auf das Imperium USA fällt.  

Die Herren mit den weißen Kragen 

Hauptprotagonisten des Buches sind die Brüder Allan und John Foster Dulles. Der eine, Allan, über Jahrzehnte der Chef des mächtigen Auslandsgeheimdienstes CIA, der andere, John Foster, Außenminister der USA unter Präsident Eisenhower (bis 1959). Einem roten Faden gleich ziehen sich diese Gestalten durch das Buch, immer wieder verknüpft mit jenen Namen, die zum politisch-wirtschaftlich-militärischen Establishment in den Vereinigten Staaten gehörten und auch in jüngerer Zeit an den Geschehnissen insbesondere im nahem Osten nicht unbeteiligt sind. Der Autor beschreibt den Werdegang von Allan Dulles zum Direktor des CIA, dessen Wirken über die Jahre einen nicht unerheblichen Anteil an der amerikanischen Geschichtsschreibung hat. Die Vorgänge im Zusammenhang mit der Nazi-Herrschaft der Dreißigerjahre in Deutschland, der Aufbau von Geheimdienstorganisationen nach 1945 unter Mitwirkung deutscher "Fachleute"( Stichwort "Organisation Gehlen") werden geschildert, wie auch die Hintergründe und die Beteiligung des CIA an der Destabilisierung von Staaten, die durch den Versuch einer eigenständigen Politik den Wirtschaftsinteressen der USA entgegenstanden oder stehen. Aufgezeigt wird, wie weit der Arm eines Staates im Staat in alle Bereiche des gesellschaftlichen und politischen Lebens in den USA reichte und welche Konsequenzen dies für den Rest der Welt und das Ost-West-Verhältnis im kalten Krieg der Fünfziger und Sechzigerjahre das vergangenen Jahrhunderts hatte. Es fehlt auch nicht eine genaue Betrachtung der McCarthy-Ära mit ihrer gnadenlosen Hatz auf scheinbar subversive – natürlich immer kommunistische – Kräfte in der Administration der US-Regierung, von der auch die amerikanischen Intellektuellen nicht verschont wurden.  

Innenansichten 

Detailliert beschreibt David Talbot die Versuche, Kuba durch den Sturz Fidel Castros wieder unter die Kontrolle der Exilkubaner zu bringen und beleuchtet die Rollen der Beteiligten und deren Hoffnung, dass die US-Marine unterstützend eingreifen würde, was aber zum Leidwesen der CIA von Kennedy abgelehnt wurde. Der Versuch des Regime Change scheiterte. Für die Drahtzieher aber war Kennedy dadurch zu einem unsicheren Kantonisten geworden. Ein umfangreiches Kapitel beschäftigt sich mit dem Mord an J.F. Kennedy in Dallas mit all seinen offenen Fragen zu Lee Harvey Oswald und den Hintergründen dieser Mordtat, die die Welt seinerzeit unglaublich erschüttert hatte. Eine Welt, die nur allzu gern an eine bessere und friedlichere Zukunft geglaubt hätte.   Immer wieder werden die Schnittlinien in den Lebenswegen der damaligen Verantwortlichen – auch der persönlichen Beziehungen – überdeutlich sichtbar, Zusammenhänge, die uns unter dem Begriff "Seilschaften" oder einfach auch nur "Männerfreundschaften" aus fast allen politischen Gesellschaftsordnungen und nahezu allen Lebensbereichen bekannt sind. Über allem immer wieder die unausgesprochene Frage: "Wem nützt es? (cui bono?)".  Ein sehr umfangreicher Anmerkungsteil ergänzt die Schilderungen des Autors, die wie ein Thriller daherkommen. Spionageromane oder -filme von John LeCarré oder Ian Fleming, die ehemalige Geheimagenten waren, erscheinen gegenüber dem, was seinerzeit in dieser – für den Normalbürger weitgehend unsichtbar gebliebenen – Welt der Geheimdienste vorging, geradezu harmlos. 

 Augen zu und durch? 

Ein Blick in die globale heutige Welt mit all ihren Verästelungen kann zeigen, dass sich so viel nicht geändert hat. Aber angesichts des derzeit allenthalben geübten Umgangs mit Themen, die nicht recht zu den offiziellen Verlautbarungen und auch zu den Darstellungen in den so gannnten "Mainstreammedien" passen wollen, ist die Frage berechtigt: Will man das alles wirklich wissen? Oder ist es nach wie vor en vogue, Hinweise auf ungeklärte Vorgänge mit dem Totschlagwort "Verschwörungstheorie" zu versehen und darauf zu hoffen, dass die Vergesslichkeit der Menschen doch stärker ist als die Fragen nach echter Aufklärung , weil es "ja sowieso nicht mehr zu ändern" sei? Eine solche Vermutung erscheint in Anbetracht mancher Diskussionen über heutige politische Zusammenhänge oder auch des Aufflackerns eines neuen "kalten Krieges" zwischen den USA und Russland und der militärischen Eingriffe unter dem Stichwort "Regime-Change" nicht sonderlich abwegig. Wen es interessiert, wie und von wem die Fäden mancher Weltereignisse geknüpft wurden und welche Anteile daran auf den Einfluss insbesondere von Alan Dulles und die CIA zurückzuführen sind, findet in diesem Buch eine Menge Antworten und Erklärungen. Detail-, Faktenreich und durchgehend spannend erzählt, bietet es einen Blick hinter Kulissen, deren sichtbare Oberfläche nur all zu oft verbirgt, wozu Geheimdienste in jedem Teil dieser Welt tatsächlich in der Lage sind. Es ist in der Tat auch ein, wie der Verlag schreibt: "… beängstigendes Buch, über Manipulation und Machtmissbrauch, das die Augen öffnet."

Das Schachbrett des Teufels
Die CIA, Allen Dulles und der Aufstieg Amerikas heimlicher Regierung
608 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag 
mit zahlreichen Fotos
erschienen im Westend-Verlag
28,00 € 

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