Ein Meinungsbeitrag von Monika Neve
Ich bin nicht naiv und mache mir nicht erst seit heute Sorgen um den Zustand der Demokratie in Deutschland. Ich habe erlebt, wozu deutsche Regierungen in Bund und Ländern sowie ein Großteil der Abgeordneten ab 2020 in Hinblick auf die Achtung von Grundrechten fähig war.
Aber eine solch moralische Bankrotterklärung gegenüber allem, was demokratisch legitimiert ist, ist ein weiterer Schritt, wenn nur noch "eine" Partei zugelassen werden darf, namens "UNSEREDemokratie", in einer vereinigte Einparteiendemokratie, die keine oppositionelle Stimme mehr zulässt, sie mit allen Mitteln bekämpft.
Es ist völlig egal, was man von der AfD denkt, durch diese in der Bundespolitik einzig übriggebliebene Oppositions-Partei und der Umgang mit ihr wird der Zustand der Demokratie in der BRD heute offenbar. Nicht nur durch den bezahlten und weit organisierten Straßenmob (Demonstrationen friedlicher Art kündigen sich anders an), auch durch das Verhalten jener Politiker im Bundestag, die ihre Ämter durch diese Opposition wohl in Gefahr sehen, drückt sich viel aus.
Zufällig bekam ich am 26.November 2025 mit, mit welcher Missachtung und despektierlichen, ja geradezu unverschämten Art und Weise Julia Klöckner als Bundestagspräsidentin meinte, die AfD-Vorsitzende belehren und abkanzeln zu können. Das hat auch mit scharfer politischer Debatte nichts mehr zu tun, das ist schon jenseits politischer Meinungsverschiedenheiten einfach nur Amt missbrauchend unverschämt und erinnert schwer an einige grüne Vize-Vorgängerinnen in diesem Amt…
Die teils witzigen persönlichen Beleidigungen von Herbert Wehner (SPD) und den damaligen Politikern achteten jedenfalls in den Scharmützeln noch den politisch Andersdenkenden. Hier sehe ich nichts mehr an Achtung. Nur noch Ausgrenzung und den Versuch von Entmenschlichung. Letztlich fällt das aber auf den zurück, von dem das ausgeht.
Die Opposition ist für die Kontrolle der Regierung, die Meinungsbildung und die Überprüfung von Entscheidungen unerlässlich, und ihre Abwesenheit würde zu einer uneingeschränkten Machtausübung durch die Regierung führen. Manche Oppositionsparteien in den Parlamenten, die kompromittiert sind durch eigenes ehemaliges Mittun bei dem, was sie nun kontrollieren sollen, haben sich quasi selbst desavouiert.
Wo Opposition abwesend ist bzw. nur als "Feigenblatt" geduldet, führt dies zur uneingeschränkten Machtausübung (das nennt man "Diktatur") durch die Regierung. Das anschauliche Beispiel dafür war z.B. die DDR mit ihrer "Parteienvielfalt"…
In der föderalistisch strukturierten Bundesrepublik Deutschland ist fast jede im Bundestag vertretene Partei in irgendeinem Bundesland mit an der Regierung, nur die AfD nicht. Dadurch konnte sie sich bis heute noch eine Unabhängigkeit bewahren, die alle anderen aus persönlichen Interessen bzw. Rücksichtnahmen in den Regierungsverantwortungen verloren haben. Es ist deshalb ziemlich egal, ob es inhaltliche Gemeinsamkeiten gibt, ob es vernünftig wäre, bei Sachentscheidungen eine Sache nur darum nicht abzulehnen, weil die AfD AUCH dafür ist usw.
Die Parteien, die gegenwärtig aufgrund dessen, was sie der Bevölkerung in den letzten Jahren in Regierungsverantwortung und den Parlamenten geboten haben, immer mehr an Zustimmung verlieren, fühlen sich durch die Unabhängigkeit der AfD ganz sicher provoziert. Mit Hilfe parteieigener Richter in Verfassungsgerichten (z.B. Thüringen mit Prof. Dr. Anika Klafki von der SPD als nur EIN Beispiel!) wird immer wieder versucht, über den Verfassungsweg sich dieser Konkurrenz zu entledigen.
Da das trotz aller Anstrengungen vor allem jenen Parteien, die immer mehr Stimmen verlieren, (noch) nicht gelingt, gibt es noch einen zweiten Weg: das ist der der Mobilisierung der Massen, auf die man Einfluss hat. Und das sind nicht nur die Anarchisten, die extremen Linken, die Antifa, nein, da sind auch DGB, gesponsorte NGOs usw. usf. in einem ganz weiten Spektrum, das den Eindruck von Rückhalt im Volk für dieses Ausschalten einer ernstzunehmenden Opposition erzeugen soll.
Die Opposition kann Vorschläge machen, Gesetzesentwürfe einbringen und anderes mehr. Aber das muss sie nicht, denn nicht sie verfügt über die Macht. Sie ist für den Bürger die Kontrolle der Macht in all den Gremien, über die der Souverän keinen Einfluss nach "Abgabe" seiner Stimme mehr hat.
Wenn eine Opposition ihre Arbeit gut macht, so, dass die Bürger sich einfach nur besser informiert fühlen können, die Regierungsarbeit dadurch im positiven Fall vielleicht noch mehr anerkennen könnten, oder sehen, wo die Regierung(en) mauscheln, verschweigen oder gar korrupt sind, könnte sich das in der Wahl später niederschlagen. Entweder in der Stärkung als gute Opposition oder gar durch Mehrheiten, die Regierungsverantwortung erlaubten. Und dann wäre die frühere Opposition womöglich in der Beweispflicht, ob sie besser regiert. Aber erst dann!
Nein, alle jene "Altparteien", die ab 2020 bereit waren, die unveräußerlichen Grundrechte im Grundgesetz anderen Interessen zu opfern und die heute (verständlicherweise) kein Interesse an einer echten Aufarbeitung haben, für all die ist die AfD ein Ärgernis, da sie darauf dringt. (Nicht umsonst gründeten sich in dieser Zeit ab 2020 wenigstens zwei Parteien zum Schutz der Grundrechte, das BSW und die Basispartei, die aber im Bundesparlament keine Stimme mehr haben oder je hatten.)
Nicht die AfD als Oppositionspartei ist besorgniserregend, solange sie im Einklang mit dem Grundgesetz handelt, sondern "volksvertretende Parteien", die ihre Anhängerschaft zur Ausschaltung dieser Opposition mobilisieren, sind besorgniserregend und nicht im Einklang mit demokratischen Grundsätzen zu sehen. Demokratisch wäre, den Argumenten dieser Opposition argumentativ zu begegnen. Undemokratisch ist, praktische Parteiversammlungen, die für die Wahrung grundgesetzlicher Aufgaben nötig sind, mit furchteinflößender Gewalt zu verhindern. Die Verhetzung des politischen Gegners, die zur Gewaltanwendung seitens der eigenen Anhänger gegen den als "Feind" wahrgenommenen Mitbewerber führt, kennt man aus der Weimarer Zeit, wo totalitäre Parteien zu Straßenkämpfen aufriefen (die SA der nationalen "Sozialisten" sowie die "roten Sozialisten", die Kommunisten).
Ja, ich mache mir Sorgen um den Zustand der Demokratie in Deutschland, wo aus Parteien, die in Regierungsverantwortungen stehen, wenig bis nichts getan wird, um gegen die Ausschaltung der Opposition durch Einschüchterung, gewalttätige Übergriffe bis hin zur Verhetzung von Menschen und deren familiären und sozialem Umkreis praktisch gegenzuhalten. Im Gegenteil! Was da an Verbrüderung mit undemokratischen Aktionen stattfindet, ist nur noch zum Fremdschämen!
Der Versuch demokratische Willensbildung durch Parteiversammlungen zu unterbinden, hat nichts mit vom Grundgesetz geschützter Demonstrationsfreiheit zu tun, die ja überall stattfinden könnte… Nein, hier sollen demokratische Prozesse geradezu verhindert werden, das ist etwas anderes.
Ilustration: Screenshot Bildzeitung Facebook






