Die Angst geht um

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Im Folgenden lesen Sie einen sachlich-wissenschaftlich verfassten Text zum Thema Corona-Virus von Prof. Harald Matthes, Ärztlicher Leiter des GKH Havelhöhe und Dr. Friedemann Schad, Leiter der Onkologie, beide sind Fachärzte für Innere Medizin im Krankenhaus Havelhöhe, Berlin. 

SARS-CoV-2/Covid-19 Infektionen: – Ein Aufruf zur Versachlichung im Umgang mit der neuen Infektionskrankheit

Aufgrund der Coronavirus-Ausbreitung werden wesentliche Grundrechte, wie Freiheits- und Persönlichkeitsrechte durch Quarantänemaßnahmen und Versammlungsverbote bzw. Absagen großer Messen in Deutschland, aber auch weltweit eingeschränkt. Eine Stimmung der Hysterie mit Hamstereinkäufen, Diebstählen von Schutzmasken, -brillen und Desinfektionsmitteln aus Krankenhäusern sind an der Tagesordnung.

Welches Gefährdungspotential hat nach derzeitiger Lage die Coronainfektion? 
Welche Maßnahmen sind daraus rational ableitbar?

Das neue Coronavirus (SARS-CoV-2/Covid-19) ist wahrscheinlich auf dem Huanan-Seafood-Markt in Wuhan, ein mit 600 Ständen und ca. 1500 Arbeitern großer Tiermarkt, vom Tierreich auf den Menschen übergegangen. Auf diesem Markt werden Wildtiere, Reptilien und frische Organe von Tieren verkauft. Als Ursprungsort im Tierreich für das neue Coronavirus wird die Fledermaus angesehen, eines der wenigen fliegenden Säugetiere, aus dessen Reservoir zuvor schon mehrfach Infektionen auf den Menschen übergegangen waren (sog. Zoonosen = Von Tier auf Mensch übertragene Erkrankungen: Ebola, HIV, Vogelgrippe, Nipah, West-Nil, MERS, Zika etc.). 

Unter diesen Zoonosen sind viele Infektionen, die in der Vergangenheit zu hoher Sterblichkeit bei Infektionen am Menschen geführt haben. So lagen die Sterblichkeitsraten (Letalität) bei Ebola zwischen 50 bis 90% oder HIV anfänglich ohne Therapie bei 100%. Aber auch Nipah und MERS Infektionen, die ebenfalls Coronavirusinfektionen sind, haben Letalitätsraten von 20 bis 40% aufgewiesen.

Somit ist verständlich, dass die WHO solche neuen Infektionen (sog. neuer Subtyp des Coronavirus) aus dem Tierreich als Pandemische Alarmphase 3 klassifiziert und hohe Vorsicht zunächst geboten ist. Daher ist bei einem Neuausbruch durch einen Subtyp sorgfältig auf die verschiedenen Verläufe und Risikokriterien zu achten. In China wurde nach anfänglichem Zögern mit drastischen Maßnahmen einer Massenkohortenquarantäne (Stadt Wuhan mit ca. 11 Mill. Einwohnern) und Zwangsisolierungen sowie Aufhebung der Reise- und Bewegungsfreiheit, Stillstand des öffentlichen Verkehrs, Zwangsanordnung von Mundschutztragen in der Öffentlichkeit etc. gehandelt. Nach mehr als 80.000 gesicherten Coronainfektionserkrankungen in China können dennoch nur begrenzte epidemiologische Fakten angeführt werden, da die Transparenz und Qualität der Daten eingeschränkt ist.

Derzeitige Faktenlage

Die Infektion hat sich auf alle Kontinente ausgebreitet. Die Inkubationszeit beträgt 2-14 Tage. Die Infektiosität liegt etwas unterhalb der echten Grippe (Influenza) und deutlich unter SARS-1, HIV, Polio oder gar Masern. Bei Kontakt mit einem Infizierten wird anscheinend nur jede 10. bis 20. Person (5- 10%) infiziert (Prof. Drosten; Charité). Außerhalb von China ist eine hohe Rate an Diagnostik (PCR auf Coronavirus) von Kontaktpersonen, Verdacht auf Infektion und symptomatisch Infizierten durchgeführt worden. Diese Zahlen zeigen, dass ca. 50 bis eher 80 % der Infizierten keine oder nur leichte klinische Symptome aufweisen (Kratzen im Hals, Husten, grippeähnliche Symptome, Fieber, Unwohlsein). Nur ca. 14-15% weisen stärkere Symptome mit hohem Fieber und Atemnot auf. 

Maximal 5% erkranken schwer und bedürfen intensiverer ärztlicher Therapie und 0,5-2% auch intensivmedizinische Verfahren, wie Beatmung. Dieser kleine Anteil an Erkrankten erfährt eine Sepsis (Blutvergiftung) und ggf. ein Multiorganversagen (Ateminsuffizienz/Beatmung; Nieren- und Herz- Kreislaufversagen). Die Letalität beträgt außerhalb Chinas bei guten Gesundheitssystemen lediglich 0,3-0,7 % (Prof. Drosten; Charité, Berlin Bundespressekonferenz vom 3.3.2020). 

Die schwereren Verläufe betreffen vor allem ältere Menschen, mehrfach Erkrankte (sog. multimorbide Personen), Personen mit schwerer Lungenerkrankung und immunsupprimierte Personen.

Ausbreitung/Infektionswege

Die Ausbreitung erfolgt überwiegend durch Tröpfcheninfektion, bei der durch Husten, Niesen oder Sprechen kleine Tröpfchen von Infizierten auf die Schleimhaut treffen. Nur jede 10. bis 20. ungeschützte Person mit Kontakt zu einem Infizierten wird selbst infiziert (5 – 10%). Aufgrund der großen Anzahl an Infizierten ohne eine Symptomatik besteht die Gefahr, dass diese Übertragung unerkannt bleibt, da der Infizierte symptomlos bzw. symptomarm ist und selbst die Infektion nicht erkennt.

Der einfache Mundschutz wird auch vom RKI (Robert Koch Institut) nicht empfohlen, da er für Gesunde keinen nennenswerten Schutz und falsche Sicherheit gibt und bei Infizierten der Mundschutz nach kurzem Gebrauch durchfeuchtet ist und beim Husten des Erkrankten die Viren auch von der durchfeuchteten und virusdurchtränkten Maske in die Umgebung verstreut werden. Bei medizinischem Kontakt zu einem Corona-Infizierten erfolgt der Eigenschutz durch Mundschutz der Klasse FFP2, einer auch seitlich geschlossenen Schutzbrille und einem einfachen Schutzkittel sowie Handschuhen.

Als präventive Maßnahmen gelten regelmäßiges Händewaschen mit Seife (>20 Sekunden; vor allem auch zwischen den Fingern), das Wahren eines Abstandes von 1,5-2 m zu anderen Personen und vermiedene Körperkontakte, wie Begrüßungsküsse etc. Entscheidend ist die vermiedene Berührung des Gesichtes und der Augen durch die Hände.

Bewertung eines Gefährdungspotenzials

Die einfache Analyse der Fakten zeigt eine geringe Infektiosität mit einem Ansteckungsrisiko unterhalb der Grippe (Influena A/B). Die Letalität liegt mit 0,3-0,7% nur mäßiggradig über der Influenza und weit unter der Pandemie von SARS-1, ebenfalls einer Coronoavirusinfektion, von 2002/2003, die damals weltweit bei 9,6% lag.

Da anfangs die Erstmanifestation in den verschiedenen Ländern in Risikogruppen (meist Alte, Multimorbide etc.) auftritt, wo die Letalität bis zu 15% beträgt, ist zu vermuten, dass die derzeitige Letalitätsrate von 0,3-0,7% weiter sinken wird, wie dies die offiziellen Verlautbarungen der letzten 10 Tage auch immer wieder zeigten. Auch sind bisher zu wenige schwere Verläufe in hochentwickelten Gesundheitssystemen versorgt worden, um gerade für das Risikoklientel weitere realistische Zahlen zu erhalten.

Der Initiator der Enquête-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", ehem. Mitglied des Bundestages und Gesundheitswissenschaftler Dr. Wolfgang Wodarg bezweifelt die Seriosität der derzeitigen epidemiologischen Daten, da Coronaviren zu den übliche Erregern der winterlichen akuten Atemwegserkrankungen gehören und wir die derzeit flächendeckenden Messungen der Coronainfektionen nie systematisch erhoben hatten und deshalb gar keine Basisdaten für deren übliche Verbreitung vorliegen und hochwahrscheinlich eine Überbewertung derzeit vornehmen. Er spricht daher von derzeitiger Panikmache und unverantwortlichen Handeln.

Bewertung der Maßnahmen

Dienten die anfänglichen drakonischen Maßnahmen der Kohortenisolierung in China der Durchbrechung der Infektionsketten und erfolgten bei neuem Subtyp der Coronainfektion mit Übergang vom Tier auf den Menschen einer Gefahrenabwehr bei unbekannten Letalitätsrisiko, so ergeben die derzeitigen Daten eine deutlich geringere Letalität, wie diese bei früheren neuen Subtypen aus dem Tierreich, wie Nipah, MERS oder auch der SARS-1 Pandemie von 2002/3 hatten. Nie zuvor hat es in westlichen Demokratien eine solch weitreichende Reaktion auf eine Pandemie gegeben, wie derzeit in Europa und weltweit. Selbst bei den Ebola-Epidemien mit Letalitätsraten von 50-90% wurden solche Maßnahmen nicht ergriffen. Bei der Influenzapandemie von 2017/18 starben über 20.000 Menschen allein in Deutschland und es wurden keinerlei ähnliche restriktive Anordnungen der Kohortenisolierung und Persönlichkeitsrechte vorgenommen.

Derzeit haben wir die Situation, dass Influenzaerkrankte bzw. nachweislich Influenzainfizierte öffentlich einkaufen und zu Massenveranstaltungen gehen dürfen, hingegen der alleinige begründete Verdacht auf Covid-19 Infektion ausreicht unter Quarantäne und Androhung von Strafzahlungen bis zu 450.000,- € gestellt zu werden. Bei ähnlicher Gefährlichkeit beider Infektionen (Infektiosität und Letalität) ist dies rational nicht zu verstehen und widerspricht sämtlichen wissenschaftlichen Bewertungen.

Ebenso erweisen sich die staatlich verordnete Mundschutzverordnung in China oder die breiten Desinfektionen von Bahnhöfen etc. als wenig evidenzbasiert durch Fakten begründet. Aktionismus ist von der Regierung Chinas und der WHO ohne Reflexion in Europa übernommen worden, ohne die Sinnhaftigkeit und Ratio jeweils kritisch zu hinterfragen und dies auf dem Hintergrund deutlich höherer Freiheits- und Personenrechte in Europa. Wodarg schreibt daher: "Wer nur wegen eines positiven Coronavirus PCR-Tests Quarantänemaßnahmen ausgesetzt wird und finanzielle Schäden erleidet, hat u.U. nach §56 des Infektionsschutzgesetzes Anspruch auf Entschädigung. Aber auch gegen einen unsinnigen Freiheitsentzug sollte man sich zur Wehr setzen."

Eine Kohortenisolierung/Quarantäne des Einzelnen erscheint zur Durchbrechung der Infektionsketten nicht erfolgversprechend, da viele asymptomatisch Infizierte zur Weiterverbreitung der Infektion beitragen und selbst nicht auf die Idee kommen, sich testen zu lassen. Somit ergibt sich eine hohe Dunkelziffer an mit Covid-19 infizierten Personen.

Auch die ähnlichen Letalitätsrisiken von Covid-19 und Influenza Infizierten lassen diese vehemente Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Auch die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen erscheinen in diesem Vergleich als unangemessen.

Der Virologe Prof. Drosten (Charité) hatte zunächst viel Unmut erregt, als er eine Infektionsrate von 70% bei der Bevölkerung für erforderlich hielt, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Diese Ausführungen wurden zunächst als Drohszenario angesehen, sind aber rational verständlich. Der Rechnung Drostens liegt Folgendes zu Grunde: Die Infektionskette durch einen Infizierten, der drei weitere Personen infiziert, wird erst dann gestoppt, wenn 2/3 bereits immunisiert sind und die Infektionskette damit unterbrochen wird.

Um Infektionen zu begegnen, bedarf es einer Immunisierung der Bevölkerung. Bisher gelang dies vor allem durch Impfstrategien. Diese stehen hochwahrscheinlich für Covid-19 bis 2021 nicht zur Verfügung. Soll eine rasche Immunisierung erfolgen, wäre gerade für die Nicht-Risiko-Gruppen mit Letalitätsrisiko weit unter 0,2% die rasche Verbreitung der Covid-19 Infektion von Vorteil. Bei asymptomatischen bzw. gering symptomatischen Verläufen von 80% wäre dies auch kein Problem. Eine sinnvolle Risikostratifizierung und Schutz der Risikogruppen erscheint sinnvoller als eine sinnlose Verhängung von Quarantänen, die zu keiner Unterbrechung der Infektionskette führen, sondern die Ausbreitung lediglich verlangsamen und damit die Epidemie in die Länge ziehen. 

25.000 Tote durch Influenza wurden 2017/18 ohne jegliche öffentliche Diskussion hingenommen, nunmehr werden Grundrechte wie auch das soziale und wirtschaftliche Leben massiv eingeschränkt. Ist die Influenza meist in 2-3 Monaten jeweils pro Saison überstanden, so ist bei derzeitiger Strategie mit einer verzögerten Ausbildung einer Herdenimmunität als Voraussetzung einer Durchbrechung der Infektionskette zu rechnen.

Was als Begründung für die Pflichteinführung der Masernschutzimpfung herangezogen wurde, dass eine Herdenimmunisierung von 94% der Bevölkerung erreicht werden muss und diese nur wenige Prozentpunkte vor der Impflichteinführung lag, wird nunmehr in der Diskussion bzgl. der Ausbildung einer Herdenimmunität gegenüber der Covid-19 Infektion völlig außer Acht gelassen. Hier scheint die Politik mit Zwangsmaßnahmen ohne Augenmaß und rationaler Begründung zu agieren. 

Bewertung der sozialpolitischen Maßnahmen

Die irrationalen Handlungen und inkonsistenten Begründungen haben die Angst und Hysterie in der Bevölkerung immer weiter entfacht und werden von der Presse zeit- und raumfüllend dankend aufgenommen.

Die zunehmend einseitig pathogenetisch-orientierte Sicht hat ein Vermeidungs- und Beseitigungs- verhalten gefördert, welches nicht mehr rational und wissenschaftlich begründet erscheint. Auch bei Risikogefährdungen, wie im Bereich der Influenza werden nunmehr bei der neuen Covid-19 Infektion risikoadaptierte Bewältigungsstrategien außer Acht gelassen. Statt allgemeiner Quarantänemaß- nahmen und Heimisolierungen bereits bei Verdacht, bedarf es risikoadaptierte Handlungsstrategien für Risikogruppen."

(Verfasser: Prof. Dr. Harald Matthes/Dr. Friedemann Schad, Krankenhaus Havelhöhe)
Erstveröffentlichung am 6. März 2020

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Presseagentur Alternativ

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